Schottland auf dem Weg zur Unabhängigkeit?

Am 18. September sind rund 4,2 Millionen Wahlberechtige dazu aufgerufen, in einem Referendum über das Ja oder Nein zu einer Unabhängigkeit Schottlands abzustimmen. Als direkte Folge würde dies die Abspaltung vom Vereinigten Königreich, zu dem Schottland bereits seit 300 Jahren gehört, nach sich ziehen. Das rennomierte Umfrageinstitut You Gov sieht in seiner letzten Umfrage erstmals die Befürworter der Unabhängigkeit in der Überzahl. Schon in den letzten Wochen nahm die Zahl der Befürworter einer Eigenständigkeit Schottlands deutlich zu. Damit deutet sich für den Tag der Abstimmung ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen an.

Historischer Hintergrund

Schottland gehört seit 1707 zum Vereinigten Königreich, verfügt jedoch in vielen Bereichen über eine weitreichende Autonomie. So zeichnet sich das 1999 eingerichtete schottische Regionalparlament in Edinburgh für die meisten Aspekte der Innenpolitik verantwortlich. Als Teil des Vereinigten Königreichs verfügt Schottland jedoch über kein eigenes Staatsoberhaupt. Darüber hinaus hat Schottland seine eigene Flagge und tritt bei Sportlichen Wettkämpfen mit eigenen Nationalmannschaften an, so etwa beim Fußball.

Separatistische Parteien wie die linksliberale Scottish National Party (SNP) sehen in der Teilautonomie jedoch keine zufiredenstellende Lösung und streben daher seit längerem eine Vollständige Autonomie Schottlands an. Nach seiner Ernennung zum Ersten Minister kündigte der SNP Politiker Alex Salmond Pläne für ein Referendum über die Unabhängigkeit an. Dieses scheiterte jedoch 2009 an der Ablehnung durch das schottische Regionalparlament. Nachdem die SNP bei den Wahlen 2011 eine absolute Mehrheit erhielt, verkündete Salmond, dass er an seinen Plänen für ein Referendum festhalten wolle. Durch das 2012 von Salmond und dem britischen Premierminister David Cameron unterzeichneten Abkommen von Edinburgh erhielt das schottische Regionalparlament schließlich die Befugnis zu einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit. Wahlberechtigt sind alle britischen Staatsbürger ab 16 Jahren, deren Hauptwohnsitz sich in Schottland befindet sowie alle EU-Ausländer mit ständigem Wohnsitz in Schottland.

Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit

Zu den Befürwortern der Autonomie zählen die Scottish National Party, die Scottish Socialist Party, Solidarity, die Scottish Green Party und die Scottish Independent Party. Als eines Ihrer Hauptargumente führen diese die Möglichkeit einer eigenständigen Verwaltung der Einnahmen aus der Ölförderung an. Diese mussten bisher an Großbritannien abgeführt werden. Ca. 90% der Ölvorkommen des Vereinigten Königreichs befinden sich auf schottischem Gebiet. Laut Alex Salmond habe nur eine unabhängige schottische Regierung die wahren Interessen Schottlands im Blick. Neben 200 schottischen Unternehmern und 2.000 Künstlern, Dichtern und Schriftstellern warben prominente Unterstützer wie der Schauspieler Sean Connery für die Unabhängigkeit.

Der Unabhängigkeit ablehnend gegenüber stehen Vertreter der Conservative Party, der Labour Party, der Liberal Democrats und der Scottish Unionist Party. Für Sie wäre die Unabhängigkeit mit wirtschaftlichen Nachteilen für ein eigenständiges Schottland verbunden, da die Einnahmen aus der Ölförderung nicht den Wegfall britischer Subventionen ersetzen könnten. So profitiert beispielsweise das schottische Bildungswesen bisher von den Subventionen aus Großbritannien. Prominente Gegner einer Eigenständigkeit Schottlands sind unter anderem der langjährige Fußballtrainer Alex Ferguson, der ehemalige britische Premier Gordon Brown oder Mick Jagger.

Mögliche Folgen der Unabhängigkeit

Im Hinblick auf die Staatsform sind sich die Befürworter einer Autonomie noch uneinig. Während die SNP einen Beitritt zum Commonwealth und damit eine Monarchie befürwortet, plädiert etwa die Scottish Socialist Party für die Gründung einer schottischen Republik. Unabhängig von der Staatsform würde das Eigenständige Schottland nicht mehr zur EU und zur NATO gehören und müsste dementsprechend neue Mitgliedsanträge stellen. Ein großes Fragezeichen steht zudem hinter der Frage nach der zukünftigen Währung Schottlands. Da der Großteil der Schotten dem Euro ablehnend gegenüberstehen soll eine Währungsunion mit Großbritannien angestrebt werden. Die Briten stehen einer solchen Lösung jedoch eher skeptisch gegenüber.

Für Großbritannien wäre die Abspaltung Schottlands mit einem Wegfall wichtiger Steuereinnahmen, etwa aus der Erdölindustrie oder von Whisky-Brennereien, verbunden. Experten von Goldman Sachs prognostizieren zudem eine mögliche Währungskrise des britischen Pfunds. Die Briten selbst befürchten einen weltweiten Ansehensverlust, da das Vereinigte Königreich in Zukunft als ein im Niedergang befindliches Staatswesen wahrgenommen werden könnte. Zudem müssten sich die Briten nach einem neuen Standort für Ihre rund 160 mit Atomwaffen bestückten U-Boote, die in Schottland stationiert sind, umsehen. Da die Zustimmung des britischen Premiers David Cameron nicht ohne Kritik wahrgenommen wurde, prognostizieren viele Beobachter dessen politisches Ende im Falle eines positiven Referendums.

 
 

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